Marktanalyse

Der Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsmärkte, der im Wesentlichen in fünf Richtlinien der Europäischen Union festgelegt wurde und auf europäischer Ebene im Jahr 2002 Rechtsverbindlichkeit erlangte, ist in Österreich durch das Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) umgesetzt worden. Im Jahr 2009 wurden diese Richtlinien geändert, weswegen es im Jahr 2011 zu einer umfassenden Novellierung des TKG 2003 gekommen ist. Auch der Bereich der Marktanalysen ist von dieser Novelle erfasst.

Bereits mit dem TKG 2003 wurde eine wesentliche Weichenstellung in Richtung eines Zusammenführens der sektorspezifischen Regulierung mit dem allgemeinen Wettbewerbsrecht gestellt. Trotz der damit verbundenen teilweisen Harmonisierung der Methoden unterscheidet sich die sektorspezifische Regulierung vom allgemeinem Wettbewerbsrecht primär dadurch, als bereits im Voraus (ex ante) unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Falle des Vorliegens von beträchtlicher Marktmacht ("significant market power", SMP) marktmächtigen Unternehmen bestimmte spezifische Verpflichtungen auferlegt werden.

Für die Auferlegung sektorspezifischer Ex-ante-Regulierungsinstrumente bedarf es im Gegensatz zum allgemeinen Wettbewerbsrecht keiner missbräuchlichen Anwendung von Marktmacht.

Erst durch die Feststellung beträchtlicher Marktmacht und der damit verbundenen Auferlegung von ex ante wirkenden spezifischen Verpflichtungen wird neuen Anbietern in vielen Fällen die Möglichkeit gegeben, ihre Geschäftstätigkeit aufzunehmen bzw. weiter aufrechtzuerhalten. Die mit der Feststellung beträchtlicher Marktmacht verbundenen Regulierungskonsequenzen sind demnach in ihrer Wirkung asymmetrisch und sollen dazu beitragen, den Prozess der Liberalisierung und der Wettbewerbsorientierung der österreichischen Kommunikationsmärkte zu unterstützen.

Seit Inkrafttreten des TKG 2003 folgt die Wettbewerbsregulierung einem dreistufigen Prozess, an dessen Beginn die Marktabgrenzung ("Marktdefinition") steht. Dabei ist es Aufgabe der Regulierungsbehörde, die der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden Märkte festzustellen. Bis zur 7. Novelle des TKG 2003 war dies Aufgabe der RTR-GmbH, die die für eine sektorspezifische Regulierung relevanten Märkte durch eine Verordnung festgelegt hat (TKMVO 2003, TKMV 2008). Seit Inkrafttreten der TKG-Novelle am 22.11.2011 erfolgt auch die Definition der sektorrelevanten Märkte gemeinsam mit der Marktanalyse im Rahmen des Verfahrens vor der Telekom-Control-Kommission.

Im zweiten Schritt werden dann die definierten Märkte analysiert. Ziel dieser "Marktanalyse" ist, zu bestimmen, ob auf dem jeweiligen Markt effektiver Wettbewerb herrscht oder aber ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen.

Wird ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht festgestellt, so sind dem bzw. den Unternehmen in einem dritten Schritt spezifische (Ex-ante-) Verpflichtungen (Regulierungsinstrumente) aufzuerlegen, die geeignet sind, die in der Marktanalyse identifizierten Wettbewerbsprobleme zu beseitigen bzw. abzuschwächen, um funktionierenden Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu gewährleisten. Diese spezifischen Verpflichtungen sind marktbezogen und umfassen gemäß dem TKG 2003 u.a. folgende den Wettbewerb fördernde Maßnahmen: Gleichbehandlungsverpflichtung, Transparenzverpflichtung, Verpflichtung zur getrennten Buchführung, Verpflichtung des Zugangs zu Netzeinrichtungen und Netzfunktionen, Verpflichtung der Entgeltkontrolle und Kostenrechnung für den Zugang, Verpflichtungen in Bezug auf Endkundenentgelte sowie die funktionelle Trennung.