KommAustria schreibt Multiplex-Zulassung für digital-terrestrisches Fernsehen (DVB-T) aus

Ausschreibung und Auswahlkriterien am 13.05.2005 veröffentlicht - Richtlinien für den Digitalisierungsfonds der RTR-GmbH von der Europäischen Kommission genehmigt - Händlerinformationskampagne und Förderkonzept für Endgeräte in Vorbereitung

Pressemitteilung vom 13.05.2005

Mit 13.05.2005 veröffentlicht die Medienbehörde KommAustria die Ausschreibung der Zulassung für die technische Planung, den Aufbau und den Betrieb der ersten bundesweiten Multiplex-Plattform für digital-terrestrisches Fernsehen (DVB-T) in Österreich. Aus diesem Anlass luden das Staatssekretariat für Kunst und Medien, die KommAustria und die RTR-GmbH zu einer Pressekonferenz mit Staatssekretär Franz Morak, KommAustria-Behördenleiter Mag. Michael Ogris und RTR-Geschäftsführer Dr. Alfred Grinschgl.

Die ausgeschriebene Zulassung umfasst eine Multiplex-Plattform mit zwei Bedeckungen für die Ausstrahlung von digitalem terrestrischen Fernsehen. Zumindest eine der Bedeckungen hat als Versorgungsziel eine flächendeckende Versorgung der Republik Österreich zu gewährleisten. Die Frist für Anträge läuft bis 01.09.2005 um 13 Uhr.

Stichwort: Multiplex

Eine Multiplex-Plattform ist nach § 2 Z 7 Privatfernsehgesetz (PrTV-G) „die technische Infrastruktur zur Bündelung und Verbreitung der in einen digitalen Datenstrom zusammengefassten digitalen Programme und Zusatzdienste“. Ein Multiplex-Betreiber ist nach Z 8 „wer die technische Infrastruktur zur Verbreitung und Bündelung der in einem digitalen Datenstrom zusammengefassten digitalen Programme und Zusatzdienste zur Verfügung stellt“. Ein terrestrischer Multiplex-Betreiber ist also dafür verantwortlich, Programme und Zusatzdienste zu einem Datenstrom zusammenzufassen und über die entsprechende Infrastruktur, insbesondere eigene oder gemietete Sendeanlagen, an die Allgemeinheit zu verbreiten. Die notwendigen Frequenzen werden dem Multiplex-Betreiber zugeteilt. Eine „Bedeckung“ entspricht den Kapazitäten eines bisherigen analogen Programms und bietet Platz für ca. drei bis vier digitale TV-Programme und weitere Zusatzdienste. Die Rundfunkveranstalter (Sende­anstalten) und die Anbieter von Zusatzdiensten liefern ihr Programmsignal dem Multiplex-Betreiber zu, der dann für die terrestrische Verbreitung des Programms sorgt.

Erfüllen mehrere Bewerber um die Multiplex-Zulassung die technischen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für die kontinuierliche Verbreitung der Programme und Zusatzdienste, so hat die KommAustria ein Auswahlverfahren durchzuführen, um den Zulassungsinhaber zu ermitteln.
Wie im Privatfernsehgesetz vorgesehen, erlässt die KommAustria zeitgleich mit der Multiplex-Ausschreibung eine Verordnung, in der die Auswahlgrundsätze für dieses Verfahren näher präzisiert werden.

Die einzelnen Auswahlgrundsätze gemäß Privatfernsehgesetz lauten:

  1. Ein rasch erreichter hoher Versorgungsgrad der Bevölkerung mit digitalen Signalen,
  2. eine hervorragende technische Qualität der digitalen Signale,
  3. die Einbindung der Fachkenntnis von Rundfunkveranstaltern beim Aufbau und Betrieb der digitalen Plattform,
  4. ein für die Konsumenten nutzerfreundliches Konzept,
  5. ein Konzept für die Förderung der Verbreitung von Endgeräten zum Empfang digitaler Signale,
  6. ein meinungsvielfältiges Angebot an digitalen Programmen, wobei Programme mit österreichbezogenen Beiträgen vorrangig verbreitet werden.


Ein Entwurf dieser Verordnung samt Erläuterungen wurde zuvor mit den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft „Digitale Plattform Austria“ konsultiert. In den zahlreichen Stellungnahmen der Mitglieder dieser zur Unterstützung der Regulierungsbehörde eingerichteten Arbeitsgemeinschaft nahm insbesondere die Forderung nach einem ausgewogenen und vielfältigen Programmangebot mit österreichbezogenen Fernsehprogrammen, also auch regionalen und lokalen Angeboten, eine besondere Stellung ein. Den Stellungnahmen konnte in der nunmehr erlassenen Verordnung weitgehend Rechnung getragen werden.

Mit der Erteilung der Zulassung in erster Instanz wird – abhängig von der Anzahl der Bewerber – voraussichtlich Ende 2005/Anfang 2006 zu rechnen sein.


Meilenstein in der Umsetzung des Digitalisierungskonzeptes

Das Ende 2003 von der KommAustria veröffentlichte „Digitalisierungskonzept gemäß § 21 Abs. 5 PrTV-G zur Einführung des digitalen-terrestrischen Fernsehens“ beinhaltet die grundlegende Strategie und einen Zeitplan für die Einführung von DVB-T in Österreich.

Stufe 1: Vorbereitungsphase (bis Ende 2005)
Testbetrieb Graz, Frequenzplanung, Multiplex-Ausschreibung

Stufe 2: Aufbauphase 2006
Inselweiser Aufbau des Netzes in den Landeshauptstädten (Mitte 2006)
Auflage: 60%-Coverage ein Jahr nach Rechtskraft

Stufe 3: Umstiegsphase (2007 bis 2010)
Regionsweiser Umstieg mit jeweils kurzem „Simulcast“-Betrieb (analog-digitale Parallelausstrahlung).
Regionale analoge Abschaltung, sobald jeweils 90% der Bevölkerung stationär und ca. 25% der Bevölkerung Portable indoor digital versorgt sind.

Stufe 4: Analogue Turn Off (Ab 2010)
Nach analoger Abschaltung sind 5 bis 6 Bedeckungen möglich,
Ausschreibung und Vergabe weiterer Multiplex-Plattformen.


Europäische Kommission genehmigt Richtlinien für den Digitalisierungsfonds

Nach einem fast eineinhalb Jahre dauernden Notifizierungsverfahren hat die Europäische Kommission (EK) im März 2005 die Förderrichtlinien des im August 2003 vom österreichischen Gesetzgeber ins Leben gerufenen Digitalisierungs­fonds als erlaubte staatliche Beihilfe nach Art. 87 Abs. 2 Buchstaben a und Art. 87 Abs. 3 Buchstaben c EG-Vertrag genehmigt. Die nunmehr von der Kommission bestätigten Richtlinien enthalten folgende Förderzwecke:

  1. Pilotversuche und Forschungsvorhaben zur digitalen Übertragung von Rundfunkprogrammen,
  2. Entwicklung von Programmen und Zusatzdiensten wie insbesondere elektronische Programmführer, Navigatoren, interaktive und mobile Anwendungen, die den programmlichen und interaktiven Zusatznutzen der digitalen Übertragung deutlich machen und über herkömmliche Rundfunkanwendungen hinausgehen,
  3. Erleichterung des Umstiegs von analoger auf digitale Übertragung für Rundfunkveranstalter,
  4. Maßnahmen zur Schaffung finanzieller Anreize für Konsumenten, die frühzeitig auf den digitalen Empfang von Rundfunkprogrammen umsteigen,
  5. Förderung der Anschaffung der für den Empfang digital übertragener Rundfunkprogramme erforderlichen Endgeräte durch kaufkraftschwache Konsumenten.

Die nunmehr genehmigten Richtlinien wurden am 08.04.2005 von der RTR-GmbH erlassen. Die Richtlinien zur Förderung regionaler Pilotprojekte, auf deren Basis auch der Testbetrieb für digitales terrestrisches Fernsehen und interaktive MHP-Applikationen (!TV4GRAZ) gefördert wurde, wurden zeitgleich außer Kraft gesetzt.

In ihrer Entscheidung würdigte die Kommission unter anderem insbesondere die technologieneutrale Ausrichtung des Digitalisierungsfonds, die zeitliche Befristung und degressive Gestaltung der geplanten Förderungen auf die Übergangsphase sowie die verpflichtende Veröffentlichung der Ergebnisse der Forschungs­vorhaben.


Konzept für die Verwendung der Mittel des Digitalisierungsfonds

Bis zur geplanten Abschaltung der letzten analogen Übertragungskapazitäten im Jahr 2010 steht aus den Mitteln des Digitalisierungsfonds eine kumulierte Summe von fast 40 Millionen Euro zur Verfügung. Bis Mitte 2006, also während der Vorbereitungsphase, wird der Schwerpunkt in den Fördermaßnahmen in Pilotprojekten, Teststellungen, wissenschaftlichen Untersuchungen und Marktforschungsaktivitäten liegen.

Für den Kernzeitraum der Umstellung (2006 bis 2010) ist aus heutiger Sicht folgende Aufteilung der Mittel absehbar:

  • ca. 40% für Konsumentenförderung (Endgeräte) zur Vermeidung sozialer Härtefälle aber auch zur Incentivierung von „Early Adopters“,
  • ca. 40% für TV-Veranstalter und Multiplex-Betreiber zur Abfederung der Simulcast-Kosten, Entwicklung von Zusatzdiensten und Erreichung eines angemessenen Versorgungsgrades (diese Ausgleichszahlungen erfolgen nach eigenen Richtlinien),
  • ca. 20% für Kommunikationsmaßnahmen und Verwaltung der Fördermittel.


Die RTR-GmbH erarbeitet ein detailliertes Förderkonzept, das im Herbst veröffentlicht wird. Zuvor wird das geplante Maßnahmenpaket mit den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft „Digitale Plattform Austria“ konsultiert werden. Bereits davor werden die geplanten konkreten Maßnahmen mit den Kabel-TV- und Satelliten-TV-Betreibern konsultiert. Mit der Berufsgruppe Kabel-TV der Wirtschaftskammer Österreich hat es diesbezüglich bereits erste Vorgespräche gegeben.


Kommunikation als essentieller Erfolgsfaktor

Wie alle bisherigen ausländischen Beispiele eindrucksvoll gezeigt haben, ruht ein zentraler Erfolgsfaktor für die Umstellung von analog auf digital in der zeitgerechten Kommunikation gegenüber dem Markt (Handel, Geräteindustrie) wie auch gegenüber den betroffenen Konsumenten.

Mit dem Testbetrieb !TV4GRAZ haben zahlreiche Mitglieder der „Digitalen Plattform Austria“ einen wesentlichen Beitrag zur Bewusstseinsbildung in der heimischen Fachwelt geleistet, aber auch bedeutende Impulse für die internationale Weiterentwicklung der in Graz zum Einsatz gebrachten technischen Standards (z.B. Multimedia Home Platform, MHP) und der erforderlichen Endgeräte (Set-Top-Boxen) gesetzt. Aber auch die Konsumenten wurden durch die breite Berichterstattung zum Grazer Projekt für die bevorstehende Umstellung sensibilisiert. Insgesamt herrscht in der Bevölkerung eine relativ hohe Vertrautheit zum Thema Digital-TV, wie eine Untersuchung von Fessel+GfK im Auftrag der RTR-GmbH zeigt.

Diese Untersuchung zeigt auch, dass mehr als die Hälfte der Befragten zu einer Umstellung auf Digital-TV tendiert, fast ein Fünftel ist unentschlossen, ein Viertel gibt an, nicht auf Digital-TV umrüsten zu wollen.

Als nächster Schritt in der vorbereitenden Kommunikationsarbeit führt die RTR-GmbH in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) eine Informationskampagne für den Elektrofachhandel in sämtlichen Bundesländern durch. Halbtägige Informationsveranstaltungen in Graz, Salzburg und Linz sind noch vor dem Sommer geplant. Die Vorreihung dieser Landeshauptstädte ist vor dem Hintergrund der Einführung von DVB-T in Bayern einerseits und der seit dem Testbetrieb in Graz laufenden digital-terrestrischen Abstrahlung im Versorgungs­raum Graz andererseits zu sehen.


Des weiteren arbeitet die RTR-GmbH derzeit an einem Modell für eine gemeinsame Zertifizierung von geeigneten Endgeräten, um einerseits zu gewährleisten, dass sämtliche im Markt befindlichen Set-Top-Boxen so ausgestattet sind, dass sie die von den TV-Veranstaltern entwickelten Zusatzdienste empfangen und darstellen können, und andererseits um den Konsumenten Entscheidungshilfe beim Erwerb der Endgeräte zu geben. Solche Auszeichnungen von geeigneten Set-Top-Boxen haben sich in anderen Märkten bereits sehr bewährt.

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