Graz als Technologielabor für Österreichs Fernsehzukunft - Die Steiermark schreibt ein Kapitel Fernsehgeschichte

Pressemitteilung vom 28.02.2004


Auf dem Weg zur Etablierung einer zukunftstauglichen Kommunikationsinfrastruktur für Rundfunk und interaktive Zusatzdienste stellt der Testbetrieb in der Steiermark einen wesentlichen Meilenstein dar. Zwischen April und Juli 2004 ist Graz das Technologie-Labor für die Zukunft des Fernsehens. Im Rahmen des ersten Testbetriebs für "Digitales Terrestrisches Fernsehen" in Österreich bekommen 150 Testhaushalte schon heuer etwas zu sehen, das ab dem Jahr 2010 EU-weiter Standard sein wird. Die Steiermark ist die erste Region Europas, wo neben der Übertragung digitaler terrestrischer Signale auch neuartige "interaktive" Dienste auf mhp-Standard (Multimedia Home Platform) erprobt werden.

Förderungen des Landes Steiermark

Der Testbetrieb wird aus Mitteln des von der Bundesregierung eingerichteten Digitalisierungsfonds, der jährlich mit EUR 7,5 Mio. dotiert ist und von der RTR-GmbH verwaltet wird, gefördert. Zusätzliche Fördermittel für dieses Projekt kommen von der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft SFG. Der Testbetrieb Graz ist überdies in ein internationales Netzwerk ähnlicher Projekte eingebunden, das unter dem Titel "DICE" (Digital Innovation trough Cooperation in Europe) läuft. Neben dem Grazer Testbetrieb sind Projekte in Großbritannien, Dänemark, Schweden, Litauen, Polen und Ungarn an dem Netzwerk beteiligt, dass vom EU-Förder-Programm Interreg IIIc unterstützt wird.

Steirisches Spitzen-Know-how

Bei der Ausstattung und Betreuung der Testhaushalte arbeiten die Marktforschungsexperten von Fessel-GfK mit der steirischen Stiftung Evolaris zusammen. Mit der Programmierung der interaktiven Anwendungen des ORF wurden unter anderem die Spezialisten des steirischen Technologie- und Systementwicklers Bearing Point Infonova beauftragt. Das Projekt wird wissenschaftlich und technisch vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der Technischen Universität Graz begleitet (Vorstand: Univ.-Prof. DI Dr. Otto Koudelka) in Kooperation mit Joanneum Research. Das Projektmanagement im Auftrag der RTR-GmbH liegt in den Händen von DI Bruno Josseck.

Digital-TV als Zukunftstechnologie

Die Einführung von digitalem Fernsehen stellt innerhalb der Europäischen Union einen wesentlichen Eckpfeiler der Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft dar. Dieser internationalen Entwicklung und der spezifischen medienpolitischen Situation in Österreich entsprechend, wurde seitens der Bundesregierung im Privatfernsehgesetz 2001 (PrTV-G) die Grundlage für die Einführung von digitalem terrestrischen Fernsehen, kurz DVB-T (Digital Video Broadcasting Terrestrial) gelegt. Im Dezember 2003 veröffentlichte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria), deren Geschäftsapparat die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) darstellt, ein entsprechendes "Digitalisierungskonzept".

Komplette Umstellung bis 2010

Gemäß diesem Digitalisierungskonzept wird zu Jahresanfang 2005 seitens der KommAustria die Ausschreibung für den Aufbau und den Betrieb einer ersten Multiplex-Plattform für digitales terrestrisches Fernsehen durchgeführt. Spätestens 2006 soll dann der Aufbau eines digitalen Sendernetzes in den Ballungsräumen beginnen, vorläufig ohne Verminderung der analogen Versorgung. Ab 2007 ist dann die regionsweise Umstellung von analoger auf digitale Übertragung vorgesehen, bis schließlich im Jahr 2010 sämtliche analogen Übertragungskapazitäten abgeschaltet sind. Durch die Digitalisierung der Rundfunkübertragung kommen die Konsumenten in den Genuss von mehreren Vorteilen: Verbesserte Bild- und Empfangsqualität, größere Programmvielfalt (aufgrund der effizienteren Nutzung des Frequenzspektrums), mobile Möglichkeiten der TV-Nutzung sowie Zusatzdienste, die über den rein passiven TV-Empfang hinaus gehen (interaktive TV-Applikationen).

Interaktivität und Mobilität

Ein besonderer Vorteil von DVB-T ist neben der mehrfachen Nutzung vorhandener Frequenzressourcen die Möglichkeit interaktiver Zusatzdienste wie beispielsweise Votings, elektronische Programmführer (EPG, "Electronic Program Guide"), Abruf von Zusatz-Informationen, interaktive Wetten, Spiele etc. Außerdem erlaubt digitales terrestrisches Fernsehen erstmals "echten" mobilen Empfang, das heißt: Die Wiedergabe störungsfreier TV-Bilder ist auch in Fahrzeugen möglich, die sich mit hohen Geschwindigkeiten bewegen, in weiterer Folge auch auf Mobiltelefonen oder Handheld-Computern (DVB-H).

Sonderausstattung für 150 Testhaushalte

Die vom Marktforschungsinstitut Fessel-GFK ausgewählten 150 Testhaushalte werden mit speziellen Set-Top-Boxen ausgestattet, mit deren Hilfe - über herkömmliche Hausantennen - vier digitale Testprogramme empfangen werden können: ORF 1, ORF 2St, ATV+ und das Programm "iTV 4 GRAZ", das als Plattform für interaktive Anwendungen dient.

Hier stehen neben interaktiven Programmelementen des ORF auch solche privater Fernsehanbieter (geplant: ATV+, ProSieben Austria, SAT.1 Österreich, gotv, Steiermark 1) im Vordergrund. Untersucht werden im Pilotversuch vor allem die Akzeptanz diverser interaktiver Anwendungen (z.B. Digitaler Datendienst, ein weiterentwickelter "Nachfolger" des Teletext mit vielfältigen Navigationsmöglichkeiten und spezifischen Informationen zum laufenden Programm) sowie die Erfahrungen der Testpersonen im praktischen Umgang mit den Bedieneinheiten.

Kernpartner RTR-GmbH, ORF, Telekom Austria und Siemens

Kernpartner bei diesem Testbetrieb sind die RTR-GmbH, der ORF, die Telekom Austria AG und die Siemens AG Österreich. Der ORF ist für das Playout und den Betrieb der digitalen Sendeanlagen im Rahmen dieses Testbetriebs verantwortlich und sorgt für einen Großteil der interaktiven Anwendungen. Die Telekom Austria stellt die Signalzubringung zwischen dem ORF-Zentrum in Wien, dem Landesstudio Steiermark und den Senderstandorten Ries und Griesgasse ("Telekom-Hochhaus") sowie die Leitungsinfrastruktur für den Rückkanal zur Verfügung. Geplant ist weiters die Verbreitung der Programme ORF 1, ORF 2 und ATV+ sowie des Programms "iTV4Graz" in weiteren Testhaushalten via XDSL. Siemens zeichnet für die Funktionalitäten des Rückkanals und das Rechenzentrum (IAC, "Interactive Application Center") verantwortlich und ist maßgeblich in die Entwicklung der interaktiven Zusatzdienste involviert. Bei der RTR-GmbH ist die Projektleitung des Testbetriebs angesiedelt, darüber hinaus fallen die Bereiche Kommunikation, Marktforschung und die für den digitalen Empfang notwendigen Set-Top-Boxen in ihren Verantwortungsbereich.