Alte Ortsnetze, neue Rufnummernbereiche und effektive Mehrwertdiensteregelungen für Österreich: Verordnung KEM-V tritt in Kraft

Umfassende Regelungen bei Mehrwertdiensten - Eigene Rufnummerngasse für Dialer - Bei Verstößen: Verwaltungsstrafverfahren oder Widerrufsverfahren - Neuerungen bei Auskunftsdiensten: Tarifinformationspflicht - Standortunabhängige Festnetznummer: (0)720 - Rufnummern für konvergente Dienste (0)780 - Änderungen bei den doppelten Ortsnetzkennzahlen für Wien und Linz

Pressemitteilung vom 12.05.2004

Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) erlässt mit heutigem Tag die Kommunikations-
parameter-, Entgelte- und Mehrwertdiensteverordnung (KEM-V), die die Verwaltung und Nutzung des österreichischen Rufnummernraums regelt. "Wir waren bestrebt, internationale Vorgaben und Konsumentenschutzaspekte zu berücksichtigen sowie eine gute Grundlage für innovative Dienste zu schaffen", kommentiert Dr. Georg Serentschy, Geschäftsführer der RTR-GmbH für den Fachbereich Telekom die neue Verordnung. "Aufgrund der vorangegangenen öffentlichen Konsultation, an der Betreiber, Interessenvertretungen und Konsumentenschutzeinrichtungen teilgenommen haben, steht die Verordnung für alle Marktteilnehmer auf einer tragfähigen Basis." Wesentliche Neuerungen sind die Schaffung neuer Rufnummernbereiche, unter anderem für standortunabhängige Festnetzdienste sowie für konvergente Dienste, die unter Einbeziehung von ENUM realisiert werden sowie umfangreiche Konsumentenschutzbestimmungen bei Mehrwertdiensten.

Kraft Telekommunikationsgesetz 2003 ist die Ermächtigung, eine neue Verordnung für die Verwaltung des österreichischen Rufnummernraums zu erlassen, von der Obersten Fernmeldebehörde auf die RTR-GmbH übergegangen. Von der RTR-GmbH können nun Regelungen hinsichtlich sämtlicher Kommunikationsparameter, Entgelte und Mehrwertdienste getroffen werden.

Für die von den Rufnummern getrennten und so genannten "speziellen" Kommunikationsparameter, wie beispielsweise nationale oder internationale Point Codes, die der Adressierung von Vermittlungsstellen in Telefonnetzen dienen, oder Mobile Network Codes hat die RTR-GmbH bereits im Oktober 2003 eine Verordnung erlassen: Spezielle Kommunikationsparameter-Verordnung (SKP-V).


Umfassende Regelungen bei Mehrwertdiensten

Klarere und umfassendere Regelungen als bisher gibt es bei den Mehrwertdiensten sowohl im Bereich (0)8xx als auch insbesondere im Bereich (0)9xx. Bei der Bewerbung solcher Dienste ist das genaue Entgelt pro Minute oder pro Event in EUR anzugeben. Die Entgeltobergrenzen für (0)810er Nummern wurden mit EUR 0,10 pro Minute, für (0)820 Nummern mit EUR 0,20 pro Minute festegelegt. Der neue Bereich (0)821 ist ausschließlich eventtarifierten Sprach- und SMS-/MMS-Diensten gewidmet und wird mit maximal EUR 0,20 pro Anruf (unabhängig von der Anrufdauer) bzw. SMS/MMS tarifiert.

Bei den "frei kalkulierbaren" Mehrwertdiensten bestehen ebenfalls klare Vorgaben für die Tarifierung. Die maximalen Entgelte können bei der zeitabhängigen Tarifierung bis zu EUR 3,64 pro Minute ausmachen, eventtarifierte Entgelte können maximal EUR 10,- pro Event betragen. Eine Tarifinformationspflicht, sei es durch Tarifansage per SMS, ist für alle 9xx-Bereiche gegeben, wobei es für eventtarifierte SMS- und MMS-Dienste besondere Bestimmungen für Dienste unter EUR 0,70 gibt. Im Bereich der sogenannten SMS Chat- und Abo-Dienste wurden spezifische Regelungen festgeltegt. Neu sind - wie auch bei den Auskunftsdiensten - Bestimmungen zur Trennungspflicht. Je nach Entgelthöhe ist eine Verbindung bei Rufen zu Mehrwertdiensten nach 60 Minuten (bei Entgelten kleiner als EUR 2,20/Minuten) oder nach 30 Minuten vom Betreiber zu trennen.


Eigene Rufnummerngasse für Dialer

Die KEM-V enthält weiters umfassende Bestimmungen zu Dialer-Programmen: Unter anderem dürfen Dialer ausschließlich in der Rufnummerngasse (0)939 angeboten werden. Ein Opt-In-System stellt sicher, dass Dialer nur auf ausdrücklichen Wunsch des Nutzers erreichbar sind. Weitere Auflagen sind beispielsweise eine umfassende Informationspflicht über Tarifierung, Name und Anschrift des Diensteerbringers und Beschreibung des Dienstes sowie eine verpflichtend vorgeschriebene einfache Möglichkeit zur dauerhaften Entfernung eines solchen Dialer-Programmes vom PC des Nutzers. "Diese umfangreichen Schutzmechanismen sollen Konsumenten hinkünftig vor bösen Überraschungen bei ihren Telefonrechnungen bewahren", weist Georg Serentschy einmal mehr auf die Dialerproblematik hin.


Bei Verstößen: Verwaltungsstrafverfahren oder Widerrufsverfahren

Wird von Netzbetreibern oder Diensteanbietern gegen die Bestimmungen der KEM-V verstoßen, so ist, je nach Delikt, entweder ein Verwaltungsstrafverfahren bei den zuständigen Fernmeldebüros oder ein Widerrufsverfahren, das den Entzug der Rufnummer zur Folge hat, bei der RTR-GmbH einzuleiten.


Neuerungen bei Auskunftsdiensten: Tarifinformationspflicht

Bei Telefonauskunftsdiensten, die hinter 118 angeboten werden, gelten grundsätzlich dieselben Regelungen wie bei Mehrwertdiensten im Bereich (0)9xx. So besteht hinkünftig die Verpflichtung zur kostenlosen Tarifansage und eine Trennungspflicht nach 30 Minuten. Die Weitervermittlung, ausgenommen zu Erotikdiensten, ist zulässig.


Standortunabhängige Festnetznummern - (0)720

Der Rufnummernbereich (0)720 ermöglicht mit den neuen Regelungen eine Nutzung als ortsunabhängige Anschlussnummer für Telefondienste im Festnetz oder Internet. "Dieser Nummernbereich ist unter anderem für die Verwendung von Voice over IP vorgesehen, ein Dienst, der stark an Bedeutung gewinnen wird", so Serentschy. "Bei Einhaltung der entsprechenden Nutzungsauflagen können aber grundsätzlich auch geografische Rufnummern an Festnetzanschlüssen, die auf Basis von IP-Netzen realisiert werden, genutzt werden - wir bemühen uns hier um weitestgehende Technologieneutralität. Weil IP-basierte Telefondienste aber oft ortsunabhängige Nutzung beinhalten, stehen dafür nunmehr die Rufnummern im Bereich (0)720 zur Verfügung."


Rufnummern für konvergente Dienste (ENUM) - (0)780

Der Rufnummernbereich (0)780 ist für innovative Dienste gedacht, die über einfache Sprachkommunikation weit hinausgehen können und die unter Einbeziehung von ENUM realisiert werden (mit Hilfe des ENUM-Systems werden Rufnummern eindeutige Internet Domain Names zugeordnet; damit ist unter anderem die Erreichbarkeit aus dem Internet ohne "Umweg" über das Telefonnetz möglich). "Wir sind gespannt, welche Dienste im Zusammenhang mit ENUM in Zukunft noch entstehen werden. Mit den österreichischen ENUM-Aktivitäten - derzeit läuft noch eine ENUM-Trial - sind wir weltweit ganz vorne dabei", so Serentschy. "Den Beginn kommerzieller ENUM-Dienste in Österreich erwarte ich im Herbst, dann wird voraussichtlich auch die offizielle Vergabestelle für die österreichischen ENUM-Domains operativ sein."


Änderungen bei den Ortsnetzkennzahlen für Wien und Linz

Die neue Verordnung sieht im Bereich der geografischen Rufnummern - außer im Vorwahlbereich für Wien und Linz - keine Änderungen vor. Für Linz und Wien werden aus historischen Gründen derzeit noch jeweils zwei Ortsnetzkennzahlen parallel verwendet, 1 und 222 für Wien sowie 70 und 732 für Linz.

"Da nunmehr feststeht, dass die bestehende Ortsnetzstruktur auf absehbare Zukunft unverändert erhalten bleibt, die historischen Gründe nicht mehr vorhanden sind und die doppelten Ortsnetzkennzahlen für Wien und Linz zu einem Mehraufwand in öffentlichen Telefonnetzen und bei privaten Telefonanlagen führen, müssen wir hier eine Bereinigung unter Setzung entsprechender Übergangsfristen vornehmen", erläutert Serentschy diese Vorgaben. "Nach einer genauen Analyse des Nutzungsverhaltens und des Bekanntheitsgrades wird die Vorwahl für Wien in drei Jahren nur mehr '1' sein und in Linz nach fünf Jahren '732'."

 

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