Probebetrieb für digitales terrestrisches Fernsehen in Graz

Pressemitteilung vom 03.11.2003

"Mit der Vertragsunterzeichnung für den 'Probebetrieb Digitales Terrestrisches Fernsehen' in Österreich am 3. November 2003 wird nun auch formell der Auftrag des Gesetzgebers (§ 21 Privatfernsehgesetz) erfüllt, den Beginn der Einführung von digitalem terrestrischen Fernsehen bis 2003 zu ermöglichen." Dies erklärte Dr. Alfred Grinschgl, Geschäftsführer des Fachbereichs Rund-funk der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) anlässlich der auf Einladung von Staatssekretär Franz Morak erfolgten Vertragsunterzeichnung im Kongress-Saal des Bundeskanzleramtes. Ein zentraler Punkt in der Einführung von Digitalfernsehen in Österreich ist nach Überzeugung des RTR-Geschäftsführers die Sicherstellung der "österreichischen Marktanteile" in den österreichischen TV-Haushalten, dies im Interesse der TV-Konsumenten und der kulturellen Identität Österreichs.

Gegenstand des zwischen den Partnern Österreichischer Rundfunk (ORF), Siemens AG Österreich, Telekom Austria AG und RTR-GmbH vertraglich vereinbarten Projektes ist ein im Versorgungsgebiet der steirischen Landeshauptstadt Graz für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2004 geplanter Probebetrieb, der insbesondere folgende Aufgaben umfasst:

 

  • Errichtung eines DVB-T-Gleichwellennetzes (DVB-T = digital video broadcasting/terrestrial) zur digitalen Übertragung von Fernsehprogrammen und Datendiensten
  • Digitale Ausstrahlung der Programme ORF 1, ORF 2, ATV+, sowie eines weiteren Programms (Arbeitstitel: "Kanal 4") zur Erprobung von Zusatzdiensten
  • Ausstattung von 150 Haushalten mit mhp-tauglichen Boxen zur Nutzung interaktiver Applikationen (mhp = multimedia home platform als gemeinsamer europäischer Standard)
  • Teststellungen im mobilen Empfang und in der Verknüpfung von DVB-T-Abstrahlung mit anderen Technologien im Retourkanal wie zB GPRS oder xDSL
  • Verbreitung von Rundfunkdiensten über xDSL
  • Begleitende Marktforschung über Konsumentenakzeptanz, Usability der Geräte, etc.
  • Offene Teststellung für interessierte Konsumenten, die sich mit einer "einfachen" Set-Top-Box ausstatten wollen


Der Probebetrieb für digitales Fernsehen in Graz wird im Sinne eines "public private partnership-Modells" von den Kernpartnern finanziert und zu wesentlichen Teilen mit Mitteln aus dem neu geschaffenen Digitalisierungs-fonds der Bundesregierung und weiteren EUR 1,5 Mio. Fördermitteln aus der steirischen Wirtschaftsförderung (SFG) unterstützt. Das Design des Probebetriebs ist offen für weitere Projektpartner, insbesondere aus dem Bereich der privaten Rundfunkveranstalter, die bereits lebhaftes Interesse bekundet haben, im Rahmen des "Kanal 4", der für DVB-T-spezifische Anwendungen reserviert ist, mitzuwirken. Weiters sind das Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung an der Technischen Universität Graz und Joanneum Research in das Projekt eingebunden. Auch für andere Partner aus dem Industriebereich ist das Projekt grundsätzlich offen, relevant ist der daraus zu erwartende Zusatznutzen im Rahmen des Gesamtprojektes; Firmen wie zB Sony und BMW haben ihr Interesse deponiert.

Als Projektmanager wurde Dipl.-Ing. Bruno Josseck (Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung an der TU Graz, Leitung: Univ.-Prof. Dr. Otto Koudelka) eingesetzt.

Aus der Sicht der RTR-GmbH wird der Probebetrieb in Graz wertvolle Erfahrungen in die weitere Planung und Vorbereitung der flächendeckenden Einführung von digitalem terrestrischen Fernsehen einbringen. Die RTR-GmbH hat bereits wesentliche Rahmenbedingungen für den Probebetrieb sichergestellt, so etwa die bisherige Koordination der Vertragspartner und Vorbereitung der vertraglichen Rahmenbedingungen, Sicherstellung der Übertragungskapazitäten für die digitale Rundfunkabstrahlung in Graz sowie der Standorte, schließlich die finanzielle Unterstützung aus Mitteln der steirischen Wirtschaftsförderung und des Digitalisierungsfonds. Im Sinne des europäischen Rechtsrahmens und der gesetzlichen Aufgabenstellung aus dem Privatfernsehgesetz ist der Probebetrieb als technologieneutrales Projekt anzusehen, das letztlich den Wettbewerb unter sämtlichen Verbreitungs-plattformen für Rundfunk fördern soll. Gleichzeitig geht die RTR-GmbH davon aus, dass vor dem Hintergrund der konkreten Versorgungslage in Österreich und der verwertungsrechtlichen Rahmenbedingungen des ORF auf die Aufrechterhaltung einer terrestrischen Versorgung besonders Bedacht zu nehmen ist.

Aus Anlass der Vertragsunterzeichnung erklärte RTR-Geschäftsführer Dr. Alfred Grinschgl: "Mit der Durchführung eines Probebetriebes für digitales Fernsehen in Graz hat Österreich Anschluss gefunden an vergleichbare europäische Entwicklungen. Die Etablierung einer digitalen Rundfunk-übertragung ist ein für die technologische und medienpolitische Zukunft bedeutendes und gemeinsames europäisches Vorhaben. In fast allen Mitgliedsstaaten der europäischen Union wird an Digitalfernseh-Projekten gearbeitet, in vielen Fällen richten sich die Mitgliedstaaten auf eine Abschaltung der analogen Übertragung für 2010 ein, manche Regionen etwas früher, manche auch später. Mit dem Probebetrieb des kommenden Jahres sichert sich Österreich die Chance, an der Zukunft des digitalen Fernsehens zeitnah zu den technologischen Entwicklungen in ganz Europa teilzunehmen und durch Einbindung in ein Netzwerk europäischer Projekte wertvolles Know How zu sammeln."