Frei nach dem Motto: "Warum sachlich, wenn's auch persönlich geht?" Einige persönliche Anmerkungen zu den Aussagen von Vorstandsdirektor Ing. Mag. Rudolf Fischer im Zuge der Pressekonferenz vom 03.10.2002Pressemitteilung vom 03.10.2002 Obwohl ich persönliche Angriffe seit dem ersten Tag als Regulator gewohnt bin, sind die heutigen Äußerungen des TA-Vorstandsdirektors Ing. Mag. Rudolf Fischer auf einem Niveau, das sich selbst richtet. Da es für mich reizvoll ist, meine volkswirtschaftlichen Kenntnisse und meine Kenntnisse über den Telekomsektor mit jenen des Herrn Vorstandsdirektors zu messen, gilt für mich genau das Gegenteil des obigen Mottos: "Warum persönlich, wenn's auch sachlich geht?" Daher gleich zum Kern der Sache: Fischer kritisiert "die zu niedrigen Gebühren". Gemeint sind wohl die Zusammenschaltungsentgelte und das Fehlen einer "Kompensation für Investitionen". Die Zusammenschaltungsentgelte werden im Streitfall von der Telekom-Control-Kommission unter Anwendung der forward-looking long run average incremental cost (FL-LRAIC)-Methode berechnet. (Ein grauenhafter Fachterminus, der einer geeigneten Übersetzung ins Deutsche harrt) Die FL-LRAIC-Methode entspricht dem internationalen Standard und ist vom europäischen Regulierungsrahmen, vom Telekommunikationsgesetz 1997 und von der österreichischen Zusammenschaltungs-Verordnung verpflichtend vorgeschrieben. Im europäischen Vergleich liegen die österreichischen Zusammenschaltungsentgelte im guten Durchschnitt (Freizeit) bzw. im obersten Viertel (Geschäftszeit). Österreich gehört somit zu den Ländern mit den höchsten Zusammenschaltungsentgelten in der Geschäftszeit in Europa. Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. September 2001 eine Entscheidung der TKK zur Nummernportierung aufgehoben hat, so hat er zugleich bestätigt, dass die FL-LRAIC-Methode der anzuwendende Kostenstandard ist. Daher entspricht die von der TKK von Anbeginn gewählte Berechnungsmethode den gesetzlichen Vorgaben und hält somit einer höchstrichterlichen Überprüfung stand. Ich verstehe, dass ein Vorstandsdirektor der Telekom Austria höhere Zusammenschaltungsentgelte für sein Unternehmen reklamiert, würde es aber vorziehen, wenn er diesen Wunsch nicht plakativ im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung, sondern sachlich begründet im Rahmen der einschlägigen Verfahren vor der Telekom-Control-Kommission vorbringt. Wenn Fischer unter dem Schlagwort "keine Kompensation von Investitionen" meint, dass im regulierten Bereich die Margen so gering wären , dass die Unternehmen keine Risikoabdeckung mehr hätten, so übersieht er - wissentlich oder unwissentlich -, dass genau für diesen Zweck ein Kapitalkostenzuschlag auf die entsprechend berechneten Kosten (nach FL-LRAIC-Methode) aufgeschlagen wird. Fischer verschweigt auch, dass die Telekom Austria die selbe Methode zur Berechnung des Kapitalkostenzuschlags (WACC) wie die Regulierungsbehörde verwendet hat und nahezu zum selben Resultat gelangt ist. Diese Diskussion wird in Europa seit Anbeginn der Telekom-Liberalisierung geführt und hat zu einer gleichartigen Regulierungspraxis in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geführt. Fischer verschweigt auch, dass von der Regulierungsbehörde keine einzige Entscheidung über Breitband-Internetzugänge gefällt wurde, obwohl der Regulierungsrahmen ein Eingreifen grundsätzlich zulässt. Dies entspricht meiner Überzeugung, dass neue, innovative Dienste - außer bei grobem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung - nicht reguliert werden sollen, um einen Investitionsschutz für das innovierende Unternehmen zu gewähren. Zählt man nun eins und eins zusammen, so bleibt lediglich über, dass Telekom Austria gerne höhere Zusammenschaltungsentgelte haben würde. Das ist jedoch nichts Neues und rechtfertigt aus meiner Sicht keinesfalls die gewählte Vorgangsweise. Daher stelle ich ganz offen allen beteiligten Akteuren folgende Fragen: Wie steht dieser emotionale Ausbruch von Vorstandsdirektor Fischer mit den bevorstehenden Entscheidungen der Bundesregierung über die Besetzung der Telekom-Control-Kommission und von Infrastrukturminister Reichhold über die Bestellung des Geschäftsführers der RTR-GmbH (Fachbereich Telekom) in Zusammenhang? Handelt es sich um die offene Absicht der Telekom Austria, auf die anstehenden Personalentscheidungen Einfluss zu nehmen? Wenn dem so wäre, käme dies einem gefährlichen Versuch eines regulierten Unternehmens nahe, die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden - entgegen den eindeutigen europarechtlichen Bestimmungen - einzuschränken oder gar abzuschaffen. Ich kann und will mir allerdings nicht vorstellen, dass sich irgendein politischer Entscheidungsträger von solchen Versuchen beeinflussen lässt. Abschließend möchte ich auf den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Innovation hinweisen: Der alte Grundsatz "Konkurrenz belebt das Geschäft" beinhaltet eine wesentliche Kernaussage, die auch schon der große österreichische Ökonom Joseph Schumpeter in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellt hat: Wettbewerb begünstigt Innovationen und damit Investitionen in neue Produkte, neue Produktionstechniken, etc., weil nur auf diese Art und Weise - zumindest temporär - den im Wettbewerbsprozess sinkenden Gewinnmargen entkommen werden kann. Was allgemein für eine Volkswirtschaft gilt, wird wohl auch für den Telekommunikationssektor gelten. Wettbewerbsdruck führt langfristig zu Innovationen, Investitionen und damit zu Wohlfahrtsgewinnen. H. Otruba PS: Die Beschäftigungszahl bei den österreichischen Telekommunikationsbetreibern ist zwischen 1998 und 2001 um ca. 15% (von 20.200 auf ca. 23.200) gestiegen.