Europäische Kommission akzeptiert Definition der RTR-GmbH zum Breitbandvorleistungsmarkt

Österreich hat europaweit die fortschrittlichsten Breitband-Dienste für Privatkunden

Pressemitteilung vom 09.12.2009

Die Europäische Kommission (EK) hat der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) am 8. Dezember 2009 mitgeteilt, dass sie den von der RTR-GmbH im Rahmen eines europaweiten Koordinationsverfahrens vorgelegten Entwurf einer Novelle zur Telekommunikationsmärkteverordnung 2008 (TKMV 2008) zur Marktabgrenzung des Breitbandvorleistungsmarktes akzeptiert. Nach Ansicht der EK bestehen somit die von ihr in diesem Zusammenhang ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr. „Im Wesentlichen haben die von der RTR-GmbH bereitgestellten zusätzlichen Daten und detaillierten Erläuterungen zum österreichischen Breitbandmarkt die EK zu diesem Schritt veranlasst. Besonders erfreulich ist, dass aus der Europäischen Kommission bestätigt wird, dass es nirgendwo sonst in Europa so fortschrittliche mobile Breitband-Dienste für Privatkunden wie in Österreich gibt“, begrüßt Dr. Georg Serentschy, Geschäftsführer der RTR-GmbH für den Fachbereich Telekommunikation, diese Entscheidung aus Brüssel.

Zurücknahme der Sektorregulierung

Die von der RTR-GmbH vorgesehene Marktabgrenzung sieht die sektorspezifische Regulierung des Breitbandvorleistungsmarktes nur mehr für jene Breitbandvorleistungsprodukte der Telekom Austria (TA) vor, die alternative Anbieter von der TA beziehen, um sie in weiterer Folge am Breitband-Endkundenmarkt an Geschäftskunden anzubieten.

Mit einem Inkrafttreten der TKMV-Novelle wird dann Telekom Austria – zumindest aus regulatorischer Sicht – nicht mehr verpflichtet sein, breitbandige Vorleistungsprodukte an ihre Mitbewerber zum nachfolgenden Vertrieb an deren private Endkunden anzubieten.

Unterschiedliche Wettbewerbssituation auf dem Internetendkunden-markt für Privat- und Geschäftskunden

Die von der RTR-GmbH vorgesehene Marktabgrenzung des Breitbandvorleistungsmarktes fußt auf der Feststellung, dass der Wettbewerbsdruck zwischen mobilen und festen Breitbandangeboten für Endkunden im Privatkundenbereich derart intensiv ist, dass bei Privatkunden von einem Endkundenmarkt ausgegangen werden muss, der sowohl mobile als auch feste Breitbandinternetzugänge umfasst. Anders – so die Ergebnisse der RTR-GmbH – ist die Wettbewerbssituation bei Endkunden-Breitbandangeboten für Geschäftskunden. Diese verwenden mobiles Breitband überwiegend als Ergänzung zu festen Angeboten. Private Endkunden verwenden nach den intensiven Marktbeobachtungen der RTR-GmbH mobile Breitbandangebote hingegen meist als gleichwertigen Ersatz für Festnetzangebote. Dieses Ergebnis floss in den Entwurf zur Novelle der TKMV 2008 ein.

Dem Grundsatz folgend, dass bei Wettbewerbsproblemen Regulierung wenn möglich nicht auf der Endkunden- sondern auf der Vorleistungsebene ansetzen sollte, führt die von der RTR-GmbH vorgeschlagene Abgrenzung zu dem Ergebnis, dass die Regulierung des Marktes auf Breitbandvorleistungsangebote für Geschäftskunden fokussiert.

Erstmals in Europa: RTR-GmbH berücksichtigt Wettbewerbsdruck des Mobilfunks bei Breitbandprodukten für Privatkunden

Diese Sichtweise der RTR-GmbH zum Breitbandvorleistungsmarkt sorgte nicht nur national sondern auch international für hohe Aufmerksamkeit, da erstmals in der Europäischen Union eine Regulierungsbehörde dem unmittelbaren Wettbewerbsdruck des Mobilfunks nicht nur im Bereich der Sprachtelefonie, sondern auch bei Breitbandprodukten Rechnung trug. Der Wettbewerbsdruck aus dem Mobilfunk auf Festnetzprodukte ist in Österreich stärker als in jedem anderen Land der EU.

National bringt diese Marktabgrenzung mit sich, dass gegenwärtig bestehende Verpflichtungen der Telekom Austria zum Angebot von Breitbandprodukten auf Vorleistungsebene künftig nur mehr für Produkte zum nachfolgenden Vertrieb an Geschäftskunden bestehen, da nur bei diesen ein Wettbewerbsproblem festgestellt werden konnte. Ein freiwilliges Angebot entsprechender Produkte durch TA ist selbstverständlich immer zulässig.

In ihrer ersten Einschätzung hatte die EK zwei Bedenken gegen die vorgeschlagene Abgrenzung: Zum Einen gab es ihrer Ansicht nach Zweifel darüber, ob mobile und feste Breitbandprodukte tatsächlich als Produkte eines gemeinsamen Marktes auf Endkundenebene angesehen werden können. Zum Anderen bestand seitens der EK Unsicherheit über die auf Vorleistungsebene in den Markt einzubeziehenden Produkte.

„Beide Aspekte wurden in den letzten Wochen mit einer Arbeitsgruppe aus mehreren Regulierungsbehörden und der EK eingehend und konstruktiv erörtert“, so der Geschäftsführer der RTR-GmbH für den Fachbereich Telekommunikation, Dr. Georg Serentschy. Und weiter: „Das Ergebnis ist – nach Vornahme geringfügiger Anpassungen – dass die EK dem Verordnungsentwurf der österreichischen Regulierungsbehörde zustimmt. Nach Information des gesamten Sektors in den nächsten Tagen über die angesprochenen geringfügigen Anpassungen wird die Verordnung, mit der der Markt als für die ex-ante Regulierung relevant erklärt wird, erlassen.“

Daran anschließend wird die für die Analyse der wettbewerblichen Verhältnisse und gegebenenfalls die Auferlegung von Regulierungsmaßnahmen zuständige Telekom-Control-Kommission ein Marktanalyseverfahren einleiten. Mit einem Abschluss des Verfahrens ist bis längstens Jahresmitte 2010 zu rechnen.

Zum Hintergrund: Koordinationsverfahren

Entscheidungen darüber, welche Märkte gegebenenfalls einer ex-ante Regulierung unterliegen sollen, unterliegen ebenso wie die Feststellung von Marktmacht und die Auferlegung angemessener Regulierungs­instrumente einem Abstimmungsprozess (Koordinationsverfahren) mit den Regulierungsbehörden anderer Länder der Europäischen Union und der EK. Die EK hat in diesem Verfahren bei Bestehen von ernsthaften Zweifeln an der Vereinbarkeit eines von einer nationalen Regulierungsbehörde vorgelegten Maßnahmenentwurfs mit dem Gemeinschaftsrecht die Möglichkeit, eine sogenannte „Phase 2“ einzuleiten. Betreffen diese ernsthaften Zweifel die Marktabgrenzung oder die Feststellung von beträchtlicher Marktmacht, kann die EK, so sie nicht – wie im aktuellen Fall – ihre ernsthaften Zweifel als ausgeräumt ansieht, die vorlegende Regulierungsbehörde auffordern, den Maßnahmenentwurf zurückzuziehen („Veto“). Im aktuellen Fall hatte die EK ein solches „Phase-2“ Verfahren mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 (serious doubts letter) eingeleitet.